eine jüdische Familiengeschichte
Bei meinem Besuch des Wiener Zentralfriedhofs habe ich etliche Gräber fotografiert, die mich beeindruckt haben. Bei diesem Grabstein fiel mir natürlich der Name Friedrich Schiller auf, der sofort an den deutschen Dichter erinnert, mit diesem aber nichts zu tun hat.
Zuhause habe ich mal gegoogelt, um etwas über die dort Bestatteten heraus zu finden. Gefunden habe ich u. a. etwas über Klaus Schiller, den Enkel des auf dem Grabstein genannten Friedrich Schiller
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Sohn von Leopold und Rosalia:
Friedrich Schiller - geb. 20. Febr. 1860 in Tschechien, war Kaufmann, verheiratet mit Leopoldine, geb. Lewinsky
Gemeinsam wohnten sie mit ihren Kindern Marianne Marle und Walther in der Piaristengasse 34 in Wien-Josefstadt
Friedrich starb am 24. März 1924 in der Rudolfiner-Klinik in der Billrothstr. 78
https://www.geni.com/people/Friedrich-Schiller/6000000010226377338
Sohn von Friedrich und Leopoldine:
Walther - alias Dr.med. Walter Schiller, geb. 9. Okt. 1893 in Wien, war Gynäkologe, verheiratet mit Berta Ani,
geborene Tugendhat, mit der er 2 Kinder hatte - Klaus und Verena
Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938, schickten Walter und Berta ihre Kinder nach England und reisten kurze Zeit später mit den Großeltern nach, um der Verfolgung durch die Nazis zu entkommen.
Im Januar 1986 verstarb Walther 92jährig in
Lydney, Gloucestershire, England, United Kingdom
https://www.geni.com/people/Dr-Walther-Schiller/6000000010225338864
Sohn von Walter und Berta Ani:
Klaus - alias Dr. med. Klaus Schiller, geb. 1927 in Wien, 1938 geflüchtet nach England
Nach dem Besuch des Clifton College in Bristol trat Klaus Schiller in die Fußstapfen seines Vaters.
1945 begann er am Queen's College der Universität Oxford Medizin zu studieren und erhielt dann ein
Stipendium für das Londoner Krankenhaus, wo er 1951 seine klinische Ausbildung abschloss.
1961 heiratete er Judy Bennett, die in Oxford aufgewachsen war. Sie bekamen 3 Söhne.
1966 promovierte Dr. Schiller und verbrachte ein Jahr mit Judy und ihren beiden jungen Söhnen Nick und Adrian im Massachusetts General Hospital als Berater. Nach verschiedenen Junior-Arztpositionen wurde Schiller 1962 zum Senior Registrar am Radcliffe Infirmary in Oxford ernannt. Hier tat sich Schiller mit seinem Mentor und lebenslangen Freund Sidney Truelove zusammen. Sie arbeiteten an einer langfristigen und einflussreichen Studie über akute gastrointestinale Blutungen. Ihr vielleicht wichtigster Beitrag war jedoch die frühzeitige Förderung des flexiblen Endoskops als sicheres und nicht-invasives Untersuchungsinstrument.
Schiller zog 1967 als beratender Arzt in das St. Peter-Krankenhaus in Chertsey, Surrey. Sein anhaltendes Eintreten für die Endoskopie führte 1971 zur Gründung der British Society of Digestive Endoscopy (BSDE). "Er war immer darauf bedacht, vorwärts zu kommen", sagt Mark Britton, ein Kollege in St. Peters: "Er war sehr intelligent, energisch, gelehrt und charismatisch."
Klaus Schiller hatte eine Leidenschaft für die Natur : Zugvögel in Norfolk, für seinen Garten in der Mühle in
Cuddesdon, wo er seit 1993 lebte - und - die Wildblumen der österreichischen Alpen, die er bis zu seinem
80. Lebensjahr regelmäßig besuchte.
Dr. Schiller starb am 9. Juli 2010 im Churchill Hospital in Oxford. Er hinterlässt seine Frau Judy, drei Söhne
und sieben Enkelkinder.
https://www.geni.com/people/Klaus-Schiller/6000000029040280217
https://www.oxfordmail.co.uk/news/8284937.dr-klaus-schiller-pioneer-medical-field/
Die Geschichte der Familie Schiller hätte wahrscheinlich in Auschwitz ihr Ende genommen, wenn sie nicht rechtzeitig nach England geflohen wären. Dort haben sie alle Chancen genutzt, um ihrem gerettetem Leben einen Sinn zu geben.
"Er liebte seine Familie und seine Arbeit und er liebte das Leben", sagte sein Sohn Ginny und fügt hinzu:
"Er hatte keinem Gott zu danken, aber er war trotzdem dankbar."
Rubie 14/10/2020 15:07
Ein sehr schöner Beitrag gut das du immer die Geschichten dazu gut dokumentierst. LGRubieKaspar H. 12/10/2020 14:49
Grabsteine mit persönlichen Schicksalen dahinter, und einer unseligen deutschen Vergangenheit. Danke fürs Zeigen und Erläutern.LG Kaspar
smokeonthewater 11/10/2020 20:32
Die Nazis haben die besten Leute ihres Volkes vertrieben, ohne es zu merken. Rassenwahn hatte sich mit Dummheit verbündet.LG Dieter
Reinhold Müller 11/10/2020 15:22
Ja, das sind Grabsteine, die sich deutlich von den sonst üblichen abheben.LG Reinhold
Günter Walther 10/10/2020 12:02
Es ist erstaunlich, was man zu einem Foto im Internet alles herausfinden kann. Das mache ich auch sehr gerne, mit den Erläuterungen profitieren dann alle Interessierten davon. Insgesamt eine sehr gute Dokumentation. Wünsche Dir ein angenehmes Wochenende.MfG Günter
Kinx 10/10/2020 11:30
Dieses Foto finde ich sehr beeindruckend, vor allem, weil dich das Friedhofsbild dazu angeregt hat, den Schicksalen so umfangreich nachzugehen.Deine Gedanken im letzten Abschnitt sind ein gutes Fazit.
Impressionen vom Niederrhein 10/10/2020 10:12
Eine sehr gute Fotoarbeit liebe Anne!Vielen Dank auch für die Info zum Foto. Unweit von meiner Wohnung ist auch ein jüdischer Friedhof. Leider meistens abgeschlossen.
Liebe Grüße und bleib gesund Helmut
oilhillpitter 10/10/2020 8:22
Unzählige, ähnliche Geschichten von bekannten und unbekannten Juden in Deutschland, und was damals unter deutschem Einfluss stand, könnte man erzählen.Wie konnte soviel Leid entstehen.
Muss man bald wieder fragen, wie kann soviel Leid entstehen.
homwico 10/10/2020 1:21
Schön gezeigt,die alten Grabsteine.Prima beschrieben.LG homwico
wolly-boy 10/10/2020 0:46
Fleißarbeit!LG. wolly
Fotobock 09/10/2020 21:34
Mich faszinieren diese herrlichen Grabsteine immer wieder. lg BarbaraAndreas Selke 09/10/2020 21:14
Interessante und ausgiebige Recherche. Ahnenforschung einer unbekannten Person. Da muss der Besuch auf dem Friedhof sehr Eindruck gemacht haben?Viele Grüße