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Berlin 2019-05-24
"Vier Jahre nach den Bienen sterben auch wir."
Comments
6
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Gastautor / 23.01.2019 / 06:10 / Foto: Tomaschoff
Schule schwänzen für das Klima
Von Bernd Steinbrink.
Vor gut vierzig Jahren: Studentenstreiks waren an der Tagesordnung, auch viele Professoren ließen ihre Vorlesungen ausfallen. Einer nicht. Und das war gerade jener, der als Vertreter der Frankfurter Schule als besonders „progressiv“ galt. Seine Begründung teilte er uns in der Vorlesung mit: Wenn ein Beschäftigter in einem Betrieb streikt, dann stehe die Produktion still, er habe also ein Machtmittel gegenüber dem Arbeitgeber. Wenn Studenten streiken, welches Machtmittel hätten sie? Sich künstlich dumm zu halten durch Lernverweigerung? Für ihn sei das keine Option.
Seit einiger Zeit gelingt es Grünen und Umweltschützern, die Klimadebatte anzuheizen. Autofahrer, Vielflieger, Bauern, Kaminbetreiber, alle sollten sich ihrer Umweltsünden bewusst werden. Sogar Brauereien appellierten an das schlechte Gewissen von Biertrinkern und verschafften Ablass für den Verbrauch von Tropenhölzern, indem ein Teilerlös vom Verkauf dem Erhalt des Regenwaldes zugutekommen sollte. Der Umgang mit dem schlechten Umweltgewissen trieb seltsame Blüten.
Ein langjähriger Mitarbeiter des Weltklimarats (IPCC) und engagierter Aktivist für den Klimaschutz, Stephen Schneider, legte bereits 1989 die Marschroute fest: „Wir müssen Schrecken einjagen, Szenarien ankündigen, vereinfachende dramatische Statements machen und irgendwelche Zweifel, die wir haben mögen, nicht erwähnen“. Man benötige breite Unterstützung, dazu „sind viele Medienberichte notwendig“. Nun scheint das Prinzip solcher Panikmache aufzugehen, denn es ist sicherlich ein gängiges Mittel, um Opferbereitschaft zu erzeugen. Zumal wenn es sich um ein wenig reflexionsfähiges Publikum handelt und die Opferbereitschaft nicht zu arg strapaziert wird, vielleicht sogar positiv angenommen wird: saufen für den Regenwald, Schule schwänzen fürs Klima. Das macht vielen Freude, das bedarf keiner besonderen Anstrengung.
Lernen erfordert Anstrengungsbereitschaft, Schwänzen nicht
Ob Pimpfe, Hitlerjungen, Jungmädel, Jungpioniere, FDJler – immer schon hatten Kinder und Jugendliche als zukunftsweisende Generation Platz in der Propaganda totalitärer Staaten. Unter diesem Aspekt erscheint der Auftritt der 15-jährigen Greta Thunberg beim UN-Klimagipfel in Kattowitz degoutant. Sie brachte eine durchaus mit rhetorischen Figuren und gängigen Topoi gespickte Anklage gegen die reichen Länder und Menschen hervor, die angeblich für ihren Luxus die Umwelt opfern: Das alte Lied von der Schuld der Industrienationen. Aber wer hat ihre Rede vorbereitet? Wer die Formalitäten für diesen Auftritt besorgt, wer die Schulschwänz-Initiative organisiert, wer die propagandistische Wirkung geplant? Allein dieses Mädchen? Wohl kaum. Oder steckte dahinter womöglich eine gezielte Strategie von Klimaaktivisten? Das wäre sicherlich eine recht perfide Form des Kindesmissbrauchs.
Thunbergs Beispiel, am Freitag die Schule fürs Klima zu schwänzen, macht nun auch in Deutschland Schule – besser als sich schulfrei zu nehmen und auf zum verlängerten Wochenende! Wie viele Kinder würden wohl kommen, wenn die Demonstrationen in der Freizeit wären? Viele Medien äußern Verständnis, auch Lehrer verweisen auf das angebliche Verantwortungsbewusstsein der jungen Menschen. Da steht dann ein vielleicht zehnjähriges Mädchen vor der Fernsehkamera und erklärt, man möge ihm nicht die Zukunft rauben, eben deshalb schwänze es die Schule. Doch taugt Schwänzen dazu? Schafft Lernverweigerung Zukunft? Da gibt es ein besseres Mittel: Lernen und Wissen erwerben. Und das tut man vor allem in der Schule - wenn denn die Lehrer dafür taugen. Aber Lernen erfordert im Gegensatz zum Schwänzen Anstrengungsbereitschaft. Doch im Ergebnis durchschauen die Kinder dann vielleicht in Zukunft die unappetitlichen Methoden mancher Grünen und Umweltschützer.
Bernd Steinbrink, geb. 1951, arbeitete als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Rhetorik-Institut der Universität Tübingen, als Professor für Mediensystemtechnik an der HTWK Leipzig, anschließend hatte er eine Professur an der FH-Kiel, ist seit 2017 im Ruhestand. Er schrieb im Literaturteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter Reich-Ranicki und zahlreiche Artikel in technischen Zeitschriften (u. a. c’t, Byte, European Computer Sources, Mémoires Optiques). Er schrieb Artikel Bücher zur Literaturgeschichte, digitalen Medien und Rhetorik.
Heide G. 27/05/2019 14:34
es ist ja alles so traurig -Brocki2019 27/05/2019 11:48
Achgut . ComGastautor / 23.01.2019 / 06:10 / Foto: Tomaschoff
Schule schwänzen für das Klima
Von Bernd Steinbrink.
Vor gut vierzig Jahren: Studentenstreiks waren an der Tagesordnung, auch viele Professoren ließen ihre Vorlesungen ausfallen. Einer nicht. Und das war gerade jener, der als Vertreter der Frankfurter Schule als besonders „progressiv“ galt. Seine Begründung teilte er uns in der Vorlesung mit: Wenn ein Beschäftigter in einem Betrieb streikt, dann stehe die Produktion still, er habe also ein Machtmittel gegenüber dem Arbeitgeber. Wenn Studenten streiken, welches Machtmittel hätten sie? Sich künstlich dumm zu halten durch Lernverweigerung? Für ihn sei das keine Option.
Seit einiger Zeit gelingt es Grünen und Umweltschützern, die Klimadebatte anzuheizen. Autofahrer, Vielflieger, Bauern, Kaminbetreiber, alle sollten sich ihrer Umweltsünden bewusst werden. Sogar Brauereien appellierten an das schlechte Gewissen von Biertrinkern und verschafften Ablass für den Verbrauch von Tropenhölzern, indem ein Teilerlös vom Verkauf dem Erhalt des Regenwaldes zugutekommen sollte. Der Umgang mit dem schlechten Umweltgewissen trieb seltsame Blüten.
Ein langjähriger Mitarbeiter des Weltklimarats (IPCC) und engagierter Aktivist für den Klimaschutz, Stephen Schneider, legte bereits 1989 die Marschroute fest: „Wir müssen Schrecken einjagen, Szenarien ankündigen, vereinfachende dramatische Statements machen und irgendwelche Zweifel, die wir haben mögen, nicht erwähnen“. Man benötige breite Unterstützung, dazu „sind viele Medienberichte notwendig“. Nun scheint das Prinzip solcher Panikmache aufzugehen, denn es ist sicherlich ein gängiges Mittel, um Opferbereitschaft zu erzeugen. Zumal wenn es sich um ein wenig reflexionsfähiges Publikum handelt und die Opferbereitschaft nicht zu arg strapaziert wird, vielleicht sogar positiv angenommen wird: saufen für den Regenwald, Schule schwänzen fürs Klima. Das macht vielen Freude, das bedarf keiner besonderen Anstrengung.
Lernen erfordert Anstrengungsbereitschaft, Schwänzen nicht
Ob Pimpfe, Hitlerjungen, Jungmädel, Jungpioniere, FDJler – immer schon hatten Kinder und Jugendliche als zukunftsweisende Generation Platz in der Propaganda totalitärer Staaten. Unter diesem Aspekt erscheint der Auftritt der 15-jährigen Greta Thunberg beim UN-Klimagipfel in Kattowitz degoutant. Sie brachte eine durchaus mit rhetorischen Figuren und gängigen Topoi gespickte Anklage gegen die reichen Länder und Menschen hervor, die angeblich für ihren Luxus die Umwelt opfern: Das alte Lied von der Schuld der Industrienationen. Aber wer hat ihre Rede vorbereitet? Wer die Formalitäten für diesen Auftritt besorgt, wer die Schulschwänz-Initiative organisiert, wer die propagandistische Wirkung geplant? Allein dieses Mädchen? Wohl kaum. Oder steckte dahinter womöglich eine gezielte Strategie von Klimaaktivisten? Das wäre sicherlich eine recht perfide Form des Kindesmissbrauchs.
Thunbergs Beispiel, am Freitag die Schule fürs Klima zu schwänzen, macht nun auch in Deutschland Schule – besser als sich schulfrei zu nehmen und auf zum verlängerten Wochenende! Wie viele Kinder würden wohl kommen, wenn die Demonstrationen in der Freizeit wären? Viele Medien äußern Verständnis, auch Lehrer verweisen auf das angebliche Verantwortungsbewusstsein der jungen Menschen. Da steht dann ein vielleicht zehnjähriges Mädchen vor der Fernsehkamera und erklärt, man möge ihm nicht die Zukunft rauben, eben deshalb schwänze es die Schule. Doch taugt Schwänzen dazu? Schafft Lernverweigerung Zukunft? Da gibt es ein besseres Mittel: Lernen und Wissen erwerben. Und das tut man vor allem in der Schule - wenn denn die Lehrer dafür taugen. Aber Lernen erfordert im Gegensatz zum Schwänzen Anstrengungsbereitschaft. Doch im Ergebnis durchschauen die Kinder dann vielleicht in Zukunft die unappetitlichen Methoden mancher Grünen und Umweltschützer.
Bernd Steinbrink, geb. 1951, arbeitete als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Rhetorik-Institut der Universität Tübingen, als Professor für Mediensystemtechnik an der HTWK Leipzig, anschließend hatte er eine Professur an der FH-Kiel, ist seit 2017 im Ruhestand. Er schrieb im Literaturteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter Reich-Ranicki und zahlreiche Artikel in technischen Zeitschriften (u. a. c’t, Byte, European Computer Sources, Mémoires Optiques). Er schrieb Artikel Bücher zur Literaturgeschichte, digitalen Medien und Rhetorik.