2,762 54

Volan(d)t

Karlsruhe, ZKM (Spiegelung eines Arbeiters während der Aufbauarbeiten zu einer Ausstellung in einem glänzenden Stück Stoff, das einen Teil einer Wand verhüllte ), 13.11.2008

(Canon 400 D, f/5,6 bei 100 mm, 1/30 s, ISO 400, Teilbereichsmessung/ mittenbetont, Programmautomatik, Bearbeitung: Adobe Photoshop 7.0, Tonwertkorrektur, selektive Farbkorrektur, Filter: Struktur/Ineinanderkopieren, Rahmen)

_______________________________________________________________________________________

http://www.globusz.com/ebooks/Faust1/00000034.htm


"Es ist so weit. Fliegen Sie los", sprach Asasello in den Hörer, und seinem Ton war anzumerken, daß ihr ehrlich beglückter Ausruf ihn erfreute. "Wenn Sie übers Tor fliegen, rufen Sie laut 'unsichtbar'. Fliegen Sie erst ein Weilchen über die Stadt, um sich ein bißchen zu gewöhnen, dann nach Süden, weg von der Stadt, direkt zum Fluß. Sie werden erwartet!"
Margarita hängte auf, und schon hörte sie aus dem Nebenzimmer ein hölzernes Hinken und ein Klopfen an der Tür. Sie öffnete, und der Stubenbesen kam, die Borsten vornweg, tänzelnd ins Zimmer geflogen. Der Stiel trommelte einen Wirbel auf den Fußboden, dann legte sich der Besen hin und schlug zum Fenster hin aus. Margarita kreischte vor Begeisterung und sprang rittlings auf den Stiel. Erst jetzt durchblitzte sie der Gedanke, daß sie in all dem Durcheinander vergessen hatte, sich anzuziehen.
Sie galoppierte zum Bett, ergriff das erste, was in ihre Hände fiel, ein blaues Hemdchen, schwenkte es wie eine Standarte und flog zum Fenster hinaus.
Und der Walzer überm Garten dröhnte noch lauter.

(aus: Michail Bulgakow: Der Meister und Margarita)


Reflexionen (3)
Reflexionen (3)
Kerstin Stolzenburg

Comments 54

  • Udo Ludo 22/01/2010 14:16

    "Meinung und Meinung schlugen Wellen.
    Da war denn nichts mehr festzustellen."
    Paul Klee
  • Claudy B. 17/06/2009 9:23

    Äußerst interessantes Bild!
    LG C.
  • ston 06/06/2009 12:08

    Du bist einfach gut...Meisterin der Details.

    Schönes Weekend
    Stefan
  • Arnd U. B. 29/05/2009 23:17

    Ganz ungewöhnlich und sehr , sehr stark...Merkmale Deines Oeuvre sozusagen. LG Arnd
  • Carsten Mundt 19/05/2009 20:02



    Liebe Kerstin,

    Willy wird es sicherlich wissen, aber anders als das, was man im Sprachunterricht "falsche Freunde" nennt,
    hat er doch ein recht angenehmes Wesen.

    :)

    lg Carsten
  • E-Punkt 08/05/2009 17:23

    Dein außergewöhnlicher Blick
    fürs Motiv erheben dieses Bild
    weit über sonstige Fotos, die es
    so hier und da zu sehen gibt,
    hinaus.
    A piece of modern ART - wartend
    auf eine Ausstellung in Großformat.

    Kompliment!

    LG Elfi
  • Daniel Borberg 05/05/2009 23:06

    Ohne deinen Hinweis hätte ich verdammt lange nachgedacht was es ist. Mal wieder im richtigen Moment den Auslöser gedrückt.
    GL Daniel
  • E. W. R. 05/05/2009 22:48

    "So können wir Ka nicht alleinlassen."
    "Jedenfalls gehört Voland zu Vâlant."

    Vâlant
    Vâlant
    E. W. R.


    "Na gut ... sag' was Schönes."

    "Es ist mit Meinungen die man
    wagt wie mit Steinen die man voran
    im Brette bewegt, sie können geschlagen
    werden, aber sie haben ein
    Spiel eingeleitet, das gewonnen wird." (Goethe)"
  • Kerstin Stolzenburg 05/05/2009 22:36

    Hmm, wenn Willy Recht hat, wovon ich natürlich ausgehen muss, da er diebezüglich der Fachmann ist und mir die geeigneten Nachschlagewerke fehlen, kann die dritte Möglichkeit der Interpretation des Titels natürlich keinen Bestand haben.
    Ich hatte das Wort 'Volant' in Bezug auf den Teufel in verschiedenen Quellen gefunden, von denen ich annahm, dass sie belastbar sind und in der Hoffnung, sie richtig gelesen zu haben. Dazu zählen beispielsweise der Duden, in dem "mhd., mnd. vālant, volant >Teufel, Satan
  • E. W. R. 05/05/2009 21:47

    „GRINS NICHT SO FRECH!!! DU BIST UNMÖGLICH!!!“
    Willy (prustet): „Das ist aber doch zu komisch, Es-Er, was sich Ka da einbildet, dass die Bezeichnung Voland des Teufels mit „Fliegen“ zusammenhängt ... nicht zu fassen ... aber als Germanist käme man auf diese schräge Idee natürlich nie im Leben ... (grinst fast unverschämt).“
    „JETZT KRIEG’ DICH WIEDER EIN!!! Mit dem bisschen, das Du weißt, musst Du hier nicht herumprotzen. Und außerdem hättest Du ja gleich sagen könnten, dass Voland nichts mit Volant zu tun hat.“
    „Entschuldige, liebe Es-Er, aber darauf hätte ich nun wirklich nicht kommen können. Voland oder mittelhochdeutsch vâlant ist ein Wort, das zu ags. faelan ‚verführen’ gehört; der Teufel wird also als der ‚Verführer’ bezeichnet ... bekannter als vielleicht vâlant ist die vâlandinne, die Bezeichnung der Kriemhilt im Nibelungenlied, als sie, zur „Teufelin“ geworden, gerade mit dem Schwert Siegfrieds, dem Balmung, Hagen den Kopf abgeschlagen hat. Worauf sie Hildebrant in Stücke schlägt.“
    „Na gut, Du hast deinen Spaß gehabt.“

    Aus dem Spiel sein
    Aus dem Spiel sein
    E. W. R.


  • Stefan Adam 05/05/2009 19:20

    Das muss man erst einmal sehen und "begreifen" - erstklassig!
    LG, Stefan
  • Kerstin Stolzenburg 05/05/2009 18:38

    @Eckhard: Lieber Eckhard, der Text deiner Besprechung ist wirklich ein Genuss und das Bild, das man sich von den beiden Germanisten macht, ist einfach sehr interessant; es erscheint so real und sympathisch, dass man sie am liebsten kennenlernen möchte :-).

    „übrigens könnten wir Ka gleich ein wenig ärgern, wenn wir sagen, dass das Wortspiel mit Volant ‚Schmuckbesatz’ und Volant ‚fliegend’ nicht so ganz klappt.“
    Willy: „So ist es. Denn um in seiner Doppeldeutigkeit zu funktionieren, müsste das Bild einen Volant zeigen. Das tut es aber nicht. Es ist einfach ein Schutzvorhang aus Plaste oder so.“

    Liebe Es-Er, lieber Willy, damit könnt ihr mich überhaupt nicht ärgern, ganz im Gegenteil, erst durch eure Gedanken wird es möglich, meine Sicht der Dinge in die Diskussion einzubringen ;-)). Wie in vielen Bereichen, in denen es durchaus nachteilig sein kann, wenn man die Vorgänge und Erscheinungen, mit denen man sich befasst, zu eng bzw. nicht mit der vielleicht möglichen oder notwendigen Weitsicht betrachtet, kann man sich auch den Stoffstreifen in dieser Aufnahme, den ich mit dem Bildschnitt bewusst nicht an einer Seite enden lassen wollte, als einen Ausschnitt eines größeren Volants, der wiederum sinnbildlich betrachtet werden kann, vorstellen. Ein Stück Stoff (etwa des Lebens oder der Weltgeschichte), für uns nur in Teilbereichen überschaubar, glatt und ohne Rüschen angenäht an einen großen „Vorhang“, den wir als Ganzes weder einsehen, noch in seiner für uns manchmal reflektierend erscheinenden Oberfläche durchschauen können. Wirklich dahinter blicken zu können, wird wohl kaum möglich sein. - Man muss hier also ein wenig großzügiger assoziieren.

    „Fliegend“ lässt sich nun daraus recht leicht ableiten, wenn man sich den Volant etwa an einem Rock angenäht vorstellt, den ich beispielsweise noch aus meiner Jugendzeit kenne, und der herrlich fliegen konnte, wenn man sich in ihm drehte
    :-). Also, man könnte einerseits die Übersetzung aus dem Französischen heranziehen, in dem ‚volant’ fliegen bedeutet oder aber man wirft einen Blick auf das Lateinische, in dem ‚volare’ bzw. volitare’ fliegen bzw. flattern heißt. „Da sie [die Stoffbahnen] meistens an Stoffkanten genäht werden, gleichen sie flatternden Besätzen. Flattern heißt lateinisch übersetzt ‚volitare’, womit zugleich die Herkunft des Wortes ‚Volant’ nachgewiesen ist.“ http://books.google.de/books?id=xt0qAAAAYAAJ&pg=PA349-IA10&lpg=PA349-IA10&dq=volitare+lat+flattern&source=bl&ots=RwxymSK6y-&sig=Xn4GtEIZdizhY1AQisKGHXwYslY&hl=de&ei=c-b_SezZAsG2-AbPxPz0Bw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=2#PPA350,M1

    Was die Erscheinung auf dem Display der Kamera betrifft, so ist an dem Bild nichts grundsätzlich verändert worden, die Spiegelung erschien so, wie sie hier abgebildet ist. Mit dem Filter „Struktur/Ineinanderkopieren“ erreichte ich nur das Einfügen der feinen Längsstreifen, das die Vorstellung von einem Stoff erleichtern helfen sollte.

    Liebe Es-Er, lieber Willy, da ihr die falsche Fährte in Bezug auf Goethes „Faust“ ansprecht, ist sie, was den Titel des Bildes und den möglichen Interpretationsinhalt betrifft, so falsch nun auch nicht. Den Text „Walpurgisnacht“ hatte ich natürlich zunächst verlinkt, weil es eben den Bezug zum Einstelldatum gibt und der Hexenflug damit tangiert wurde. Das spiegelt ja auch das Zitat aus dem Buch „Der Meister und Margarita“ wider. Beide Texte (bei „Der Meister und Margarita“ auf das Buch bezogen) enthalten jedoch auch einen Begriff, der als dritte Deutungsmöglichkeit des Titels gesehen werden könnte. Mephistopheles spricht in der verlinkten Szene: „Platz! Junker Voland kommt. Platz! suesser Poebel, Platz!“. Voland, in vielen Schriften und im Mittelhochdeutschen - wenn ich das richtig gelesen habe - auch Volant geschrieben, ist also der Teufel, der Satan. Dieser tritt unter dem Namen Voland auch in Bulgakows Roman auf, womit bei aller Gegensätzlichkeit auch eine der möglichen Verknüpfungen der beiden Literaturquellen gegeben wäre, deren Vergleich für mich übrigens überaus interessant ist.

    Das Bild ist also mehrdeutig lesbar; ich sehe darin im Kontext „Walpurgisnacht“ u.a. einerseits einen flugfähigen, vielleicht tanzenden Besen, andererseits auch den Teufel, der hinter der armen Seele her ist, wenn man den „Stab“ in der Bildmitte stark abstrahiert als Teufel betrachtet und den facettiert erscheinenden Menschen sinnbildlich als Spaltung seiner selbst im Sinne des Ausspruchs Fausts "zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust" auffasst.

    In diesem Zusammenhang hat dann natürlich nicht nur das Einstelldatum, sondern auch die Einstellzeit eine Bedeutung; die Quersumme ergibt die Zahl Dreizehn. Der „Dreizehnte“ ist einerseits ein Synonym für den Teufel, das Unglück, das Böse, andererseits wird die Zahl wiederum als Glückszahl betrachtet, was sie mit einer interessanten Ambivalenz belädt.

    Wie das in Bezug auf die neue fc-Zeitschrift zu sehen ist, kann ich leider noch nicht einschätzen, dazu müsste ich erst einmal an einer Bahnhofsbuchhandlung vorbeikommen ;-), wobei mir gerade einfällt, dass dies in knapp zwei Wochen am Rande einer Dienstreise geschehen könnte ;-)). Bin schon sehr gespannt! - Was die Bilder betrifft, die wir in uns tragen, kann ich Willy nur zustimmen und sie sind ganz gewiss auch beteiligt am Einstellen dieser Aufnahme in diesem Kontext bzw. zu diesem Zeitpunkt, da sich mir in den letzten Tagen immer wieder ungefragt der Geist eines Hauses, eines Museums, das ich kürzlich besuchte, aufdrängte und nicht losließ, weil die Eindrücke sich mit alten Bildern verbanden.

    Was die faustische Frage betrifft, ist sie natürlich der Kern, der hinter diesem Bild steckt, ganz gleich, welche Zugang man dazu wählt, ob den des Hexenbesens, den man in ihm sehen wird oder den des Blickes auf den Teufel und die Gestalt, deren Seele nicht eins zu sein scheint. Die Erkenntnis ist dieselbe.

    Der Teufel als Geheimdienstchef ist dabei natürlich eine interessante Vorstellung. Aber in der Art kann man es durchaus sehen. Immerhin versuchte er, von dem es heißt, dass er für sein Streben nach Gottgleichheit aus dem Himmel verstoßen wurde, die Gläubigen auf seine Seite zu bringen und so an ihre Seelen zu kommen, wie man sich auch den Menschen mit der ‚gespaltenen’ Seele im Bild vorstellen könnte, hinter dem er her ist.
    Damit entspricht er einem bekannten Teufelsbild, das ihn zwar als Widersacher Gottes darstellt, ihn allerdings gleichzeitig als Glaubensprüfer, als die Kraft, die im Auftrag Gottes die Standhaftigkeit der Menschen testet, auftreten lässt.

    Kerstin
  • Kerstin Stolzenburg 05/05/2009 16:20

    @Eckhard: Lieber Eckhard, zunächst einmal herzlichen Dank, dass Du Es-Er und Willy wieder einmal überreden konntest, sich Gedanken zu meinem Bild zu machen ;-).
    Ich antworte heute abend auf ihre interessanten Gespräche.
    Kerstin
  • Kerstin Stolzenburg 05/05/2009 16:17

    @Adrian Kowollik: ... oder eine schwarze Katze ;-)). „Im Mittelalter wurden schwarze Katzen dann ein Symbol des Teufels. Sie standen im Verdacht, verwandelte Hexen oder dämonische Hilfsgeister zu sein. Wenn eine schwarze Katze deinen Weg kreuzte, hatte der Teufel ein Auge auf dich geworfen. Mit der Hexenverfolgung ging somit auch die systematische Jagd auf schwarze Katzen los.“ http://www.planet-wissen.de/pw/Artikel,,,,,,,B096EB46CA4533EEE034080009B14B8F,,,,,,,,,,,,,,,.html
    Das verlinkte Walzer-Bild ist übrigens sehr schön!

    Gruß. Kerstin
  • Kerstin Stolzenburg 05/05/2009 16:14

    @Karl-Dieter Frost: Lieber Karl-Dieter, ja, der 30. April und das damit verbundene Ereignis der Walpurgisnacht war natürlich eine kleine Verlockung ;-), einmal ein Bild zu dieser Thematik einzustellen, wobei ich natürlich nicht nur fliegende, d.h., nachempfundene, fliegende Hexen zeigen, sondern durch den spiegelnden Vorhang, wenn möglich, auch eine weitergehende Reflexion beim Betrachten auslösen wollte.

    Danke für Mendelssohns „Walpurgisnacht“. Das Stück passt natürlich sehr gut und es freut mich besonders, dass Du den Link beigefügt hast, da ich bei der Vorbereitung des Bildes bereits daran dachte, ihn unter die Beschreibungen zu stellen, ließ es dann aber, da ich das Bild auch nicht überfrachten wollte. So ist es viel besser! http://de.wikipedia.org/wiki/Die_erste_Walpurgisnacht

    Was die Weltausstellung in New York betrifft, so würde ich mich gern einmal für kurze Zeit (mittels einer Zeitmaschine oder so :-)) dorthin begeben können; diese Ausstellung mit ihren Visionen und der Aufbruchstimmung dieser Zeit hätte ich sehr gern gesehen. Ich hatte das Jubiläum gar nicht so richtig im Blick und danke Dir umso mehr für den Hinweis darauf. http://www.heise.de/ct/Vor-70-Jahren-Die-Welt-von-morgen-war-auch-einmal-besser--/artikel/137081

    Was bedeutet „“ in deiner Besprechung? Hattest Du da ein Bild verlinkt?

    Grüße. Kerstin